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Dorfplatz und Wohnzimmer – das Palmencafé

8. August 2016

Große Dinge beginnen in Köln oft mit einer Imbissbude. So auch bei Dinger’s: als in den Achtziger Jahren auf dem Kundenparkplatz ein Verkaufsstand für Kaffee, Fritten und die geliebte Woosch sein Geschäft machte, ahnte noch niemand, dass hier schon bald Deutschlands erstes Café in einem Gartencenter eröffnen sollte. Nicht einmal wir als Besitzer. Es war eine Palme aus dem Kurpark von Bad Pyrmont, die eine Entwicklung anstieß, von der wir selbst manchmal noch überrascht sind.

Dass Kunden ihre Ansprüche ändern, war uns schon früh klar. Anfang der Neunziger zeichnete sich in Deutschland ein neues Einkaufsverhalten ab: das Erlebnis wurde wichtiger. Man wollte Shopping genießen, in Welten eintauchen, auch das Mediterrane und Exotische rückte in den Vordergrund. Zugleich wuchs das Freizeitverhalten zusammen: zum Genuss gehörte nun auch, den Einkauf mit Essen oder einem gemütlichen Kaffeestündchen zu verbinden.
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Torten und Kartoffelsalat

Dann kam die Palme. Sie war dem Kurbetrieb in zu groß geworden und passte nicht mehr in die Bad Pyrmonter Orangerie, war aber auch nicht frostfest und musste vor dem Winter gerettet werden. Ein Kunde vermittelte den Kontakt – und wir entschieden uns, ihr ein neues Zuhause zu geben. Nun passierte alles auf einmal: Pläne für ein richtiges Café hatten wir schon länger, aber die Kombination mit der Palme ließ ein ganz neues Konzept in uns reifen. Großzügig und hell, exotisch und entspannend sollte es werden. Wir errichteten den großen Wasserfall in Naturstein, versenkten die Palme tief in die Erde und spannten ein gewölbtes Glasdach über die Fläche. Das hatte es in Deutschland so noch nicht gegeben.

Zugleich entstand 1992 ein kleiner Pavillon mit ein paar Sitzplätzen, in dem wir einfache Gerichte und Kuchen anboten. Klassiker wie Kartoffelsalat mit Würstchen wurden anfangs von wohlmeinenden Ratgebern eines traditionsreichen Gartencenters als „unwürdig“ angesehen. Die Kunden sahen das anders: bis heute ist der einfache Imbiss ein Renner auf der Speisekarte. Wir übernahmen die Gastronomie selbst, spülten und servierten. Mit den Jahren wuchs das Angebot, der Pavillon war beliebt, der Platz wurde knapper.

Vom Café zum Lebensmittelpunkt

Anfangs beäugte uns die Konkurrenz noch kritisch. Heute verfolgen die erfolgreichen Gartencenter längst ähnliche Konzepte. Auch wir legten noch einmal nach, nämlich als wir 2013 beschlossen, das in die Jahre gekommene Mobiliar auszuwechseln. Das gefiel anfangs nicht allen. Manche hatten die ganze Atmosphäre so lieb gewonnen, dass sie sich buchstäblich wie zuhause fühlten. Es war, als hätten wir ihr geliebtes Wohnzimmer umgeräumt. Aber wir mussten etwas tun, um mit der Entwicklung Schritt zu halten.

Bei der Realisierung ließen wir uns vom Dehoga beraten und stützten uns zugleich auf die zahlreichen Rückmeldungen unserer Kunden. Wir trennten Küche und Verkauf: eine neue Spülstraße, Kühlräume und Küche wurden eingerichtet, die Theke mit Auslage dagegen als Insel mitten in die Fläche gestellt. Kurzzeitig überlegten wir sogar einen Koch einzustellen, aber unser Personal versicherte uns, dass es gerade die Bistro-Küche war, die bei den Gästen gut ankam.

Manche unserer Gäste kommen täglich, beginnen hier ihren Tag mit einem Frühstück, schlendern durch die Pflanzenwelt und setzen sich zum Mittag und zum Kaffee wieder ins Café. Sie lesen Zeitung, unterhalten sich und kommen mit Freunden zum Kaffeeklatsch oder einer Geburtstagsfeier zusammen – wie auf einem Dorfplatz. Selbst Trauerfeiern wurden hier schon abgehalten – im Andenken an den Verstorbenen, der bei uns Stammkunde gewesen war.
Palmencafé

Mittendrin und nah am Menschen

Entwicklung muss sein – und wird früher oder später auch angenommen. Die Hochtische waren anfangs lange leer, werden aber mittlerweile eifrig belegt. Zunächst waren es meist jüngere Kunden oder unsere Mitarbeiter, die hier gerne mittags eine Kleinigkeit essen – heute wissen ältere Gäste den Komfort des rückenfreundlichen Mobiliars gleichfalls zu schätzen. Von Anfang an gut besucht war die Sommerterrasse, die wir mitten in die Baumschule gelegt haben. Uns ist sehr wichtig, dass das Café nicht isoliert vom Geschäft ist, sondern mit den Abteilungen kommuniziert.

Vieles Bewährte ist dagegen geblieben: zum Beispiel die kurzen Wege zu unseren Lieferanten. Wir bestehen auf Frische und mögen keine Massenabfertigung, deshalb haben wir auch den kleinen Maßstab nicht aufgegeben. Seit Beginn beliefert uns derselbe Konditor, unsere Metzgerei liegt praktisch um die Ecke. Auch die großzügigen Portionen bleiben wie gehabt. Selbst wenn manche ihre Tortenstücke nicht ganz schaffen: wir wollen, dass ein Gast auch etwas davon hat, wenn er sich Kuchen zum Kaffee bestellt.
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Gespür ist alles

Seit dem letzten Umbau haben wir mehr Möglichkeiten, hausgemachte Gerichte anzubieten. So stellen wir unseren Waffelteig selbst her, auch die Bolognese bereiten wir hier in unserer Küche zu. Natürlich muss man immer sehen, welche neuen Gerichte gut ankommen; mit Waffeln und Grünkohl in der Wintersaison haben wir aber sehr gute Erfahrungen gemacht. Auch die Weihnachtsdekoration, 2015 erstmals ausprobiert, kam gut an. Demnächst werden wir einen Hot Spot einrichten, denn viele Kunden haben mittlerweile beim Einkauf ihr Notebook oder Tablet dabei.

Ein besonderes Café wie dieses gut zu führen ist eine Frage des Gespürs. Unsere Gäste schätzen das Persönliche. Sie möchten nicht überrumpelt werden, erfreuen sich aber durchaus an neuen Ideen. Letztlich geht es darum, sie durch ein Stück ihres Lebens zu begleiten und ihnen dieses so angenehm wie möglich zu machen. Ob es nur für einen kurzen Kaffee ist oder einen ganzen Samstag mit den Enkeln. Deshalb bin ich, so oft es geht, persönlich im Café. Wenn ich sehe, wie die Kunden dort den Aufenthalt genießen, freue ich mich einfach. Dann weiß ich, dass sich die ganze Arbeit wirklich lohnt.

 

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