Sie stehen wieder vor der Tür. Lassen wir sie eintreten: Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und zum Schluss Sophie (auch bekannt als die „Kalte Sophie“), das sind die fünf Heiligen, die vom 11. bis zum 15. Mai gefeiert werden – und die sich einen berüchtigten Namen als Eisheilige gemacht haben. Traditionell wird keine frostempfindliche Pflanze ins Freie gesetzt, bevor nicht diese Prozession vorüber ist. Es war sogar einmal verboten, vorher Saatgut zu verkaufen. Aber diese Zeiten sind lange vorbei. Heute beschäftigt uns die Klimaerwärmung, und mit ihr verlieren die Eisheiligen langsam ihren Schrecken. Zu Recht?
Stellen Sie sich vor, Sie hätten dieses Jahr Mitte März Kartoffeln gesetzt. Oder Tomatenpflänzchen ins Gewächshaus gestellt. Oder Möhren gesät. Wahrscheinlich hätten Sie zumindest in Köln die Wetterwette gewonnen und könnten schon jetzt vielversprechende Triebe bestaunen, denn seither hat es bei uns nicht mehr gefroren. Und für die nächsten Wochen ist sogar ein Frühsommer-Feeling angekündigt: die Eisheiligen fallen wahrscheinlich erneut aus. Wie schon so oft in den letzten Jahren.
Stellen Sie sich vor, Sie hätten dasselbe vor fünf Jahren versucht: Ihre Ernte wäre im Freien schon Ende April zerstört gewesen. 2017 schwappte nach warmem Frühlingsbeginn kurz vor der Maifeier polare Luft durch das Rheinland und ließ selbst in der Innenstadt frische grüne Triebe aller Art erfrieren. Die Schäden waren noch im Sommer sichtbar, die Hortensienblüte fiel großflächig aus. Vom Gemüse wollen wir da gar nicht erst reden. Und im Jahr davor war es ähnlich.
Wetter und Klima sind zwei Dinge
Landwirte und Gärtner haben ein gutes Wettergedächtnis. Und Wetter kann bisweilen große Sprünge machen. Die meisten Beobachter sind sich allerdings in einem einig: Der Klimawandel hat Deutschland längst erfasst und der Trend geht zu immer wärmeren Jahren mit einer immer längeren Vegetationsperiode. Beobachtet man die Temperaturen im beginnenden 21. Jahrhundert, gehört der Mai kaum noch zu den Monaten, in denen Frost großen Schaden anrichtet. Und zugleich verabschieden sich mit veränderten Höhenluftströmungen auch die Eisheiligen langsam als Witterungsregelfall. Der selten gewordene Bodenfrost zeigt sich vereinzelt noch in den ersten Maitagen – und das fast nur noch in offenen Lagen außerhalb der Städte. Die Händler haben sich schon darauf eingestellt: Pflanzenmärkte finden mittlerweile oft schon zu Ostern statt.
Was heißt das für Hobbygärtner? Nun, es kommt wie immer darauf an. Nämlich auf die Lage, die Pflanze und den Schutz. Die Kölner Bucht ist relativ warm und windarm, die Anhöhen der Eifel und des Bergischen Landes sind es nicht – hier können Fröste sogar vereinzelt bis Ende Mai auftreten. Innerstädtische Lagen sind nachts deutlich wärmer als freie Landschaft. Günstig stehende Mauern und Häuser halten Frost oft fern. Auf Balkonen und Dachterrassen muss schon viel Kaltluft ankommen, bis es dort friert, selbst wenn man unten Scheiben kratzen muss. Dagegen können Windschneisen, etwa entlang von Parkstreifen oder Bahnlinien, bisweilen die Umgebung stark auskühlen. Und dann gibt es natürlich zarte Pflänzchen, die selbst bei über Null Grad die Köpfe hängen lassen, während dickblättrige Gefährten auch bei leichtem Frost noch durchhalten.
In der Stadt hat der Mai seinen Schrecken verloren
Kölner Stadtgärtner machen in der Regel ab dem 1. Mai nicht mehr viel falsch, wenn sie säen und pflanzen. Mit gezielten Vorkehrungen kann man bei gutem Schutz sogar früher anfangen. Wenn Sie kein Risiko eingehen wollen, sollten Sie einige Dinge beachten:
- Warten Sie mit empfindlichem Gemüse. Tomaten, Kürbisse, Paprika, Gurken und Zucchini verzeihen Ihnen keine Wetterwette, die schief geht. Und auch bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt können sie gelegentlich Schäden davontragen. Das gilt auch für manche Sommerblumen, etwa die Lieschen. Beginnen Sie lieber mit Geranien, Fuchsien oder Jasmin.
- Treffen Sie Schutzvorkehrungen für Beetpflanzen. Frostempfindliche Arten überstehen Kälte, wenn sie im Hochbeet geschützt stehen. Dabei sollten Sie die Erde nicht bis oben anfüllen, sondern etwas Platz lassen, damit Sie im Fall der Fälle eine Schutzhaube über das Beet ziehen können. Auf dem Boden helfen Wintervliesmatten oder großzügiges Mulchen. Landwirte kennen die Tricks: Auf dem Land erhalten zum Beispiel frische Kartoffelfelder oft eine flächendeckende Heuauflage.
- Kübelpflanzen, zum Beispiel Zitrusfrüchte, sollten geschützt stehen und notfalls hereingeholt werden können.
- Gewächshäuser im Freien lassen sich mit dem Aufstellen von Kerzen oder Teelichtern nachts um die entscheidenden paar Grad aufwärmen, die die Zuchten vor Frostschäden bewahren.
Auch wenn es schwerfällt – und der Nachbar in milden Frühjahren mit fortgeschrittenem Wachstum seiner Pflanzen prahlt – sollten Sie nicht allzu früh starten. Das Wetter bleibt auch in einer wärmeren Welt unberechenbar und die Schutzvorkehrungen helfen nicht bei Temperaturen, die deutlich unter Null gehen. Im April kann das noch häufig der Fall sein. Aber für den Mai können Sie mittlerweile tatsächlich gut planen.
Verabschieden wir uns also von der strengen Regel, der Eisheiligen.
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