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Pflanzen überwintern – ist das noch nötig bei den milden Wintern?

17. November 2020

Am Pont du Gard stehen drei Olivenbäume, jeder von ihnen über 1.000 Jahre alt. Nichts Besonderes, sollte man meinen, schließlich ist die Provence ja eine mediterrane Gegend. Aber sie stehen dort erst seit etwa 60 Jahren. Der spanische König schenkte sie Frankreich, als der Jahrhundertwinter 1956 nahezu alle Olivenbäume in Frankreich vernichtet hatte. Diese kleine Geschichte zeigt uns: Klima ist langsam, Wetter passiert schnell.

Wissen Sie noch, wie die Winter vor 10 Jahren waren? Wir waren Heiligabend eingeschneit – mitten in Köln. Im Winter darauf waren alle Seen so dick zugefroren, dass man auf nahezu allen Kölner Weihern Schlittschuh lief. Und der Winter danach brachte uns noch im März Rekordschneefälle. Als Gärtner hat man ein langes und gutes Wettergedächtnis.

Was aber auch stimmt: die Vegetationszeit wird schon seit vielen Jahren immer länger – und im letzten Winter hat sie kaum Pause gemacht. Wer sich vor fünf, sechs Jahren zum Beispiel einen Oleander zugelegt hat, musste ihn praktisch nie ins Winterquartier stellen. Also pflanzten viele ihre empfindlichen Pflanzen gleich ins Beet ein. Manche ernten inzwischen sogar Oliven oder Granatäpfel hinter ihrem Haus.

Frost ist nicht die einzige Gefahr im Winter

Und tatsächlich: Grundsätzlich ist in der kalten Jahreszeit eine draußen stehende Pflanze im Boden sogar besser dran als im Kübel, wo der Frost die Wurzeln von allen Seiten angreift. Allerdings sollte man im Winter einiges beherzigen. Denn dass das Wetter mild ist, bedeutet nicht, dass nicht andere Gefahren lauern. Trockenheit, Wind, Sonne oder Dauerfeuchte können den Pflanzen ebenfalls schwer zusetzen.
Pflanzen im Gartenboden schützen Sie am besten, indem Sie lockere Blumenerde 10 bis 20 Zentimeter hoch aufbringen. Diese hat durch ihren hohen Luftgehalt eine sehr gute isolierende Wirkung. Sie können auch Laub aus dem Garten benutzen, dieses sollte aber frei von Schädlingen und Krankheiten sein. Dieses Jahr hat beispielsweise der Mehltau zugeschlagen. Befallene Blätter bieten dem hartnäckigen Pilz ein ideales Winterquartier.

Kübelpflanzen brauchen besonderen Schutz

Immergrüne Pflanzen schützen Sie zusätzlich gegen Wind und Sonne, die die Pflanzen im Winter austrocknen können. Hier bieten sich Vlies, Schilfrohr oder Jute an. Diese lockeren Gewebe lassen Licht und Luft durch, ohne dass die Sonne die Pflanze zu sehr aufheizt. Auch ein Sonnenschirm kann helfen. Denn schon im Februar ist die Sonne so kräftig, dass sie den Saft hochsteigen lässt. Das birgt zwei Gefahren.

  • Erstens: Wenn die Temperatur nachts wieder unter null fällt, kommt es zu Frostrissen.
  • Zweitens: die einsetzende Photosynthese führt zu erhöhtem Wasserverbrauch.

Bei trockenem, windigem und womöglich noch frostigem Wetter verdurstet die Pflanze dann buchstäblich. Deswegen sollten Sie übrigens auch im Winter nicht das Gießen vergessen.
Bei Kübelpflanzen ist es der Wurzelballen, der geschützt werden muss. Damit der Frost nicht von unten attackiert, gibt es so genannte Kokos-Disks, das sind runde Isolierpolster, auf die man den Topf stellen kann. Um den Topf kommt dann noch eine Kokosmatte und Luftpolsterfolie, dann ist der Schutz in den meisten Fällen ausreichend. Der Standort sollte möglichst nah an der Hauswand gewählt werden, zum Schutz vor Kälte und vor allem Wind.

Wenn Ihre Pflanze frostempfindlich ist, greifen Sie möglicherweise zu Vlieshauben und atmungsaktiven Thermomänteln. Diese sollten von Zeit zu Zeit abgenommen werden, um die Pflanze nicht zu dunkel stehen zu haben. Auch zum Gießen sollte diese frei sein, denn das Wasser muss an den Wurzelballen. Wenn Ihnen die eingepackte Pflanze zu trist aussieht, hängen Sie einfach eine LED-Kette in die Zweige. Das leuchtet schön von innen und gibt zusammen mit der Vliesstruktur einen interessanten Effekt, fast wie eine Laterne. Für die Winterterrasse ist das durchaus eine schöne Abwechslung.
Keinesfalls sollten Sie die oberirdischen Teile in Folie einwickeln. Das begünstigt die Bildung von Kondenswasser und erzeugt ein dauerfeuchtes Mikroklima, in dem sich krankheitserregende Pilze sehr wohl fühlen. Zusammen mit großen Temperaturschwankungen kann das die Pflanze stark schädigen.

Pflanzen nicht zu früh ins Winterquartier

Nun ist der Herbst mittlerweile so lang und mild, dass viele zögern, wann sie überhaupt mit der Überwinterung anfangen sollen. Die Antwort: nicht zu früh! Je länger eine Pflanze draußen stehen kann, umso besser. Zitruspflanzen, Bougainvilleen, Geranien oder Margeriten müssen vor dem ersten Frost ins Winterquartier, Oliven, Oleander und Granatäpfel vertragen dagegen leichte Minusgrade. Aber es gibt keinen Grund, Mitte November alle Pflanzen in einen dunklen Schuppen zu tragen, wenn nicht zufällig gerade eine frühe Kältewelle durchs Land schwappt. Im Gegenteil: Sie verlieren dann ihre Blätter. Der Granatapfel ist robust und kommt meist wieder, aber ein Oleander kann darüber sogar eingehen.

Wenn also dieser Winter wieder mild und schneefrei wird, dann werden Sie womöglich einige Pflanzen gar nicht ins Quartier bringen müssen. Das ist natürlich bequem für Sie und gut für die mediterranen Gewächse. Genauso gut kann es aber auch sein, dass bei aller globalen Erwärmung noch einige strenge Frostwinter ins Haus stehen, wo die Garage oder das Treppenhaus zur willkommenen kleinen Orangerie werden. Und wenn dann die wärmeliebenden Bäumchen in der Erde eingegraben sind, werden sie das Schicksal mit den französischen Ölbäumen von 1956 teilen und erfrieren. Dann muss man eben von vorne anfangen. So ist das Gärtnerleben manchmal.

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